Geben wir nicht den Ärzten die Schuld!

Warum nehmen sich so viele Ärzte so wenig Zeit für ihre Patienten? Sind sie daran schuld, dass wir zwar ein weltweit beachtetes Gesundheitssystem haben, viele Menschen dennoch chronisch krank sind und sich in diesem komplexen System oft verloren fühlen? Ich denke wir können nicht den Ärzten die Schuld für diese Misere geben.

Schuldzuweisungen bringen nichts

Es ist meines Erachtens ein menschlicher aber gleichzeitig auch überaus unnützer Wesenszug, immer einen Schuldigen zu suchen, wenn etwas schiefläuft. Ein Reframing von der Schuldzuweisung zur Suche nach den wahren Gründen würde uns helfen, Verbesserungen einzuleiten. Nicht die Ärzte, das System als Ganzes weist einige Schwächen auf.

Medizinische Ausbildung ist zu lange, zu komplex und es fehlt ein wesentlicher Bestandteil

Es ist aus meiner Sicht legitim, über den Umfang und die Länge des Medizinstudiums zu sprechen. Klar wollen wir Ärzte, die sich überall auskennen und eine ganzheitliche Herangehensweise wie in der funktionellen Medizin haben. Die Realität sieht anders aus. Viele Mediziner sind Spezialisten, was in vielen Fällen ausgezeichnet ist. Es würde jedoch helfen, ein Ausbildungssystem zu schaffen, das sowohl für Spezialisten als auch für wahre Generalisten ähnliche Zukunftsaussichten bereithält. Das große Geld wird normalerweise nicht in einer Landarztpraxis sondern am Operationstisch verdient. Weiters könnte das Studium nicht ab Stunde 0 (eigentlich schon davor, bedenkt man die Zugangstests zum Medizinstudium) nicht nur von Wettbewerb, Stress und riesigem Inhaltsumfang geprägt sein. Es würde für der Gesellschaft und zur Bekämpfung unserer chronischen Erkrankungen vielleicht schon nützen, nicht nur 1,3% des Gesamtinhaltes (gemessen an der Gesamt-ETSC-Punkten) der Verdauung und der Ernährung zu widmen.

Ungesunder Lebensstil von Anfang an

Außerdem wäre es gut, den angehenden Ärzten nicht schon in ihren jungen Jahren genau jenen Lebensstil abzuverlangen, der zu den zahlreichen Lifestyleerkrankungen wie Diabetes Typ 2, Burnout, Adipositas und Co führt. Stress, Nachtdienste, Schlafmangel, Sonnenmangel und einem Mangel an ordentlicher Ernährung verlangen ihren Tribut. Daneben sind täglich dutzende Patienten, Wettbewerb unter den Jungärzten und sehr fordernde Chefs für die eigene Gesundheit ebenso nicht förderlich. Ist das Studium abgeschlossen, möchten diese Ärzte natürlich etwas verdienen. Das ist ihr gutes Recht nach 10 Jahren Ausbildung. Und so kommts, dass eben für jeden Patienten nur 5 bis 8 Minuten eingeplant sind.

Wir sind Teil des Systems

Aber es liegt nicht nur an der Ausbildung. Es hakt primär an uns. Wir könnten unsere Einstellung überdenken: Nicht sofort zum Arzt rennen, um ein schnelles Rezept zur Behandlung eines Symptoms zu holen. Die Kopfschmerztablette hier, der Magenblocker und die Antibiotika da. Die Ursachen bleiben. Jene Ursachen, die so oft in unserem ungesunden Lebensstil, viel zu viel Stress, zu wenig Bewegung und Schlaf und dafür zu viel Kaffee, Alkohol und ungesundes Essen zu finden sind.

Was tun?

Eine Alternative wäre, sich selbst die Basics beizubringen. Diese Grundlagen eines gesunden Lebensstils und ausgewogener Ernährung könnten natürlich auch schon in der Schule gelehrt werden. Wir können und dürfen uns mit unserem Körper, unserem Geist und unserer Seele beschäftigen, ohne von jemanden zuerst das Okay einholen zu müssen. Wir dürfen mit einem Health Coach zusammenarbeiten, der uns in unserer Reise zu einem gesünderen Ich begleitet und uns hilft, die richtigen Antworten, die ohnehin in jedem von uns schlummern, herauszuholen.

Instead of a health-care system we need a self-care system.

Joshua Rosenthal, Gründer des Institute for Integrative Nutrition

Ich sehe es als meine Pflicht an, mich so gut wie nur möglich um meinen Körper zu kümmern. Das hat für mich immer Priorität. Alles andere kommt danach, weil ich nur so die Leistung für mich und andere erbringen kann, die ich versprochen habe. Wenn ich mich durch einen ungesunden Lebensstil meiner Energie und Gesundheit beraube, kann dies kurzfristig gut gehen; langfristig wird es ins Verderben führen.

So, anstatt sich das nächste Mal über Ärzte, die keine Zeit haben, zu beschweren, könnte es hilfreich sein, sich zu fragen, was man selbst tun kann, um es den Ärzten zu erleichtern, einem zu helfen. Fangen wir mit den Basics an:

  • Einfach mal durchschnaufen
  • Öfters lachen und sich selbst weniger ernst nehmen
  • Ausreichend Wasser trinken
  • Mehr Früchte und Gemüse essen
  • Weniger Milchprodukte und Fleisch essen
  • Zuckerhaltige Speisen und Getränke reduzieren
  • Verarbeitete Lebensmittel reduzieren
  • Ausreichend Bewegung in den Alltag einbauen
  • Alkohol und Kaffee reduzieren
  • Auf ausreichend Schlaf achten

Es ist keine Hexerei. Fangen Sie heute bei einem Tipp an und nehmen Sie nach und nach Weitere dazu. Kleine, aber kontinuierliche Schritte führen zum Erfolg. Ich wünsche Ihnen viel Spaß auf Ihrer Gesundheitsreise!

Beitragsfoto von Giulia May auf Unsplash

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