Eine Aufgabe während meines altMBA Trainings war, täglich dreimal „Catching people right“ zu betreiben. Das bedeutet, einer bekannten oder unbekannten Person seinen Dank auszudrücken, wenn sie oder er etwas richtig gemacht hat. Ohne Gegenleistung. Das kann Face-to-Face sein oder per Email. Egal was. Klingt eigentlich simpel. Trotzdem war das in meinem täglichen Leben so nicht vorgesehen.
Normaler Dank
Klar, ich bedanke mich bei jedem, der mir hilft oder wenn ein Kellner mir meinen Kaffee bringt. Ich sage danke an der Kassa und beim Arzt. Es bedarf also immer einer vorgehenden Aktion von einer Person speziell für mich, die mich zu Dank verpflichtet hat. Aber von sich aus ohne direkte Gegenleistung „Danke, gut gemacht!“ sagen? Hm.
Das erste Mal bin ich über diese Praxis in einer leicht veränderten Form während meines Studienaufenthaltes in Dublin gestoßen. Da hat der Großteil der Leute, die mit dem Bus gefahren und vorne beim Fahrer ausgestiegen sind, ein unüberhörbares „Thanks“ oder „Cheers“ gerufen. Und ich dachte immer, für was? Das ist doch sein Job. Mitgemacht habe ich aber trotzdem.
Für was denn?
Sich bei jemanden für eine konstante Leistung zu bedanken, ist meiner Erfahrung nach unüblich. Wir sind so gewohnt daran, dass vieles in unseren täglichen Abläufen funktioniert, dass wir nicht mehr wirklich darauf achten, warum. Es funktioniert deshalb, weil Menschen eben nicht nur „ihren Job machen“ sondern konstant, Tag für Tag, ein bisschen mehr als nur ihre Arbeit abliefern. In Krisenzeiten fällt uns das dann ein wenig mehr auf. Sonst nicht. „They put in the work!“ würde Gary Vee dazu sagen.
Überraschung
Zurück zur Aufgabe des „Catching people right“. Ich dachte mir, ich fange im Supermarkt an. An der Kassa habe ich mich bei der Dame für Ihre tägliche Arbeit bedankt. Raten Sie mal was passiert ist? Big Smile. Das gleiche bei meinem Linsen-Institut als Reaktion auf meinen Dank, dass alle Angestellten dort so freundlich und hilfsbereit zu allen Kunden sind. Selbiges beim Verkäufer in meinem lokalen Bikeshop, als ich ihm ohne vorherige Interaktion einfach nur danke per Whatsapp gesagt habe.
Fast wie Weihnachten
Die coolsten Szenen sind dabei immer, wenn die Leute zuerst nicht recht wissen, wie sie reagieren sollen, weil sie es offensichtlich so direkt einfach nicht kennen. Aber hier ist es noch nicht aus. Neben den positiven Gefühlen bei den Leuten hat sich bei mir ein warmes Kribbeln in der Bauchgegend eingestellt. Ich habe bemerkt, dass ich durch meinen unerwarteten Dank eine kurze Spannung zwischen mir und dem Empfänger aufgebaut habe, gefolgt von einem Gefühl der Freude, Zusammengehörigkeit und Zufriedenheit. Das ist so einfach und so unbezahlbar. Ein bißchen wie ein freiwilliges Geschenk machen und dann gleich eins bekommen.
Um dem Gefühl der Instantgratifikation zu entgehen und zu schauen, ob sich diese positiven Vibrations auch bei einer Aktion ohne direkte Antwort auslösen lassen, habe ich unserem Bundespräsidenten ein Dankes-Email für seine tägliche Arbeit geschrieben. Wieder die gleiche Reaktion im Körper. Und am nächsten Tag diese hier.
Versuchen Sie’s, wenn Sie Lust haben. Sagen Sie unvermittelt „Danke!“ und „Gut gemacht!“ – auch mal zu einem Unbekannten auf der Straße, wenn der ein herumliegendes Papier in den Müllkorb wirft (das natürlich nicht von ihm weggeworfen wurde). Oder stellen Sie Ihren Lieben einfach eine Vase mit Blumen auf den Tisch. Ich bin mir sicher, es lohnt sich ebenso für Sie wie es sich für mich jeden Tag auszahlt.
Beitragsfoto von Wilhelm Gunkel auf Unsplash.