Gedanken über lokale Händler

Ich weiß, der lokale Handel hat es schwer. Internetshops, lästige Kunden, hohe Mietpreise. Das bestreite ich nicht. Aber ich bin mir nicht sicher, ob sich viele lokale Händler*) die Frage stellen, warum angeblich so viele Menschen lieber im Internet einkaufen. Oder wollen einige das vielleicht gar nicht?

Unmotivierter Handel

Ich bin unlängst in einen Bikeshop gegangen und habe nach der Möglichkeit einer Probefahrt für ein spezielles Modell gefragt. „Nein“ war die einfache Antwort mit dem Hinweis, dass man dies eventuell bei einem Testival im Herbst nachholen kann. Auf meine Frage, warum dies so sei, war die Antwort sonderbar. Die Räder wären einerseits derzeit nicht lieferbar (was ein anderer Händler mir durchaus gegenteilig mitgeteilt hat) und andererseits mache es keinen Sinn, ein hochpreisiges Mountainbike (das Argument war der Verkaufspreis für den Kunden, nicht der Händler-Einkaufspreis – also die tatsächlichen Kosten) zum Testen anzuschaffen. Klang für mich etwas unmotiviert.

Apply_yourself

Eine solche Situation ist symptomatisch für den oft unflexiblen lokalen Handel. Zumindest nehme ich das so war. Ich habe das Gefühl, dass zuerst überlegt wird, welche Ware sich am leichtesten und mit der höchsten Marge verkaufen lässt. Was man für den Kunden tun kann oder ob das Angebot zufriedenstellend ist, steht an zweiter Stelle.

Herausforderndes Umfeld

Ich verstehe, dass es schwierig ist, weil von den Herstellern das gesamte Umsatzrisiko durch horrende Vororders auf die lokalen Händler abgewälzt wird. Trotzdem hat der lokale Handel nunmehr unter anderem die Aufgabe der Lagerung von Waren für den Kunden – so habe ich das zumindest in der Schule gelernt.

„You know whether it’s shops or whoever saying like ‘The size doesn’t sell!’ And I am like ‘The size doesn’t sell because people are not expecting to find what they need in your store.’”

Jen Kyle Whalen from Machines for Freedom

Schließlich ist der Endkunde jener, der zahlt. Und wenn der Endkunde nicht zufrieden gestellt werden soll, wer denn dann bitte? Ich bin überzeugt, dass es besser geht und dass eben nicht alle gerne im Internet einkaufen. Ich tue mich jedoch schwer, den lokalen Handel zu unterstützen, wenn:

  1. die Sortimente einfach nicht das bieten, was ich mir vorstelle und/oder
  2. der Mehrwert einer professionellen Beratung wegfällt, weil ich nach den ersten zwei Sätzen feststellen muss, dass ich mehr als der Verkäufer*) über das Produkt weiß und/oder
  3. der Verkäufer durch sein Verhalten mehr an einer Umsatzabwehr als einem eingehenden Verkaufsgespräch interessiert ist.

Das Problem liegt meines Erachtens nach auch daran, dass der Beruf eines guten Verkäufers nicht mehr geschätzt wird, was sich in den niedrigen Gehältern im Handel widerspiegelt.

Es geht besser!

Jedoch können auch wir etwas dafür tun, in dem wir aufgeschlossen Verkäufern gegenüberstehen und ihnen eine faire Chance geben. Und es gibt sie noch, die engagierten Verkäufer, wie ich unlängst bei einem 50minütigen Gespräch mit einem Kaffeemaschinenhändler und -röster erfahren durfte.

Liebe Händler, man kann es besser machen und was noch wichtiger ist, man darf es auch. Und danke an alle, die versuchen, einen positiven Unterschied für den Kunden zu machen.

* gilt selbstredend für alle Geschlechter.

Beitragsfoto von Álvaro Serrano auf Unsplash.

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