Wiederherstellung des Körpers I: Gesunde Füße

Wir alle wurden mit einem Wunderwerk an Technik geboren. 26 Knochen, 33 Gelenke, über 100 Muskeln, Bänder und Sehnen, 200.000 Nervenenden und 250.000 Schweißdrüsen (mehr dazu finden Sie zum Beispiel hier). Unsere Füße sind perfekt ausgestattet und trotzdem schenken viele von uns der direkten Verbindung zur Erde nur wenig Beachtung. Dabei können ein paar wenige Maßnahmen zu deutlichen Verbesserungen führen. Nehmen Sie Ihre Fußgesundheit selbst in die Hand.

Böse Schuhe

„Moderne“ Schuhe sind schlecht für unsere (Fuß-)Gesundheit. Spitze Form, Absätze, dicke Sohlen und nicht-atmungsaktive Materialen fordern ihren Tribut. Viele Schuhformen basieren immer noch auf den Modellen, die wir hoch zu Ross getragen haben: der spitz zulaufende Stiefel erleichterte die Verwendung des Steigbügels, der Absatz verhinderte ein Durchrutschen.

Neben der Schuhform tragen dicke, unelastische Sohlen zum schleichenden Verlust des sensorischen Feedbacks (Propriozeption) bei, das für den richtigen Bewegungsablauf beim Gehen und Laufen enorm wichtig ist. Dicke Dämpfungssohlen an Laufschuhen bergen in Wahrheit viele Risiken: sie suggerieren unserem Gehirn, dass der Boden weich wäre. Das Gehirn richtet unseren natürlichen Dämpfungsmechanismus (Knie, Hüfte, Wirbelsäule) dementsprechend nicht darauf aus. Dies kann man zum Beispiel am lauten „Platsch“-Geräusch vieler Läufer hören, wenn sie den Fuß aufsetzen.

Absätze bringen die komplette Körperachse aus dem Lot und führen zu unnatürlichen Achsen in den Knien, der Hüfte und der Wirbelsäule. Mehr zu diesem Thema finden Sie zum Beispiel auf der Webseite von Lee Saxby. Kurzum: falsches Schuhwerk kann wesentlich zu Deformierung Ihrer Füße beitragen und zur Haltungsschäden führen.

Fußschwächlinge

Schwach ausgebildete Fußmuskulatur. Aufgrund der eingeschränkten Beweglichkeit in den Schuhen verändert sich das natürliche Gangbild. Allein das Tragen von Schuhen führt zu Kraftverlusten. Eine der schwerwiegenden Folgen können kollabierende Fußgewölbe sein. Dies multipliziert sich im Körper nach oben. X-Beine, schwache Hüften und Entengang können die Folge sein. Dies begünstigt wiederum Fußdeformitäten wie zum Beispiel Hallux Valgus.

Probieren Sie es aus: stellen Sie sich barfuß mit gerade nach vorne zeigenden Füßen hin und leiten Sie einen Schritt ein. Jetzt versuchen Sie das gleiche mit einem Fuß, der zuerst wie im Entengang nach außen zeigt. Wie reagiert der Fuß? Genau. Die Großzehe wird unnatürlich abgeknickt, die anderen Zehen zusammen und nach außen gedrückt.

Man muss sich damit nicht abfinden und auch nicht von heute auf morgen barfuß ins Office gehen. Probieren Sie die folgenden Maßnahmen aus und nehmen Sie Ihre Fußgesundheit selbst in die Hand.

Was kann man machen?

Füße kräftigen. Gehen Sie zu Hause barfuß. Ziehen Sie auch draußen ab und zu die Schuhe aus und spüren Sie wieder, auf natürlichen Untergründen wie Wiesen, Sand oder Waldböden zu gehen. Versuchen Sie spezielle Fußübungen und Toega.

Füße massieren und beweglicher machen. Besorgen Sie sich einen Lacrosse-Ball, den Sie übrigens auch zur Triggerpunktmassage benützen können und massieren Sie täglich mindestens 2 Minuten pro Fuß. Dr. Kelly Starrett zeigt Ihnen hier (ab Min. 11:30) wie es geht. (Tipp: Wenn Sie sich die Zeit nehmen möchten: schauen Sie sich das ganze Video an! Er erklärt nicht nur, warum und wie wir unsere Füße kräftigen sollen sondern auch, welche Konzepte dahinterstecken.)

Einlagen überdenken. Einlagen bringen in den seltensten Fällen etwas. Manche Orthopäden werden vermutlich widersprechen. So wie orthopädische Schuhmacher. Egal. Mir haben sie mehr geschadet als genützt. Einlagen (wie auch Stabilisierungselemente in Laufschuhen, die ein Einknicken – Pronation – verhindern sollen) drücken lediglich von unten auf den Fuß, führen aber nicht zu einer wirksamen Veränderung des Gangbildes. Wesentlich effektiver ist es, physiologisch richtig zu stehen und zu gehen. Eine Einführung dazu finden Sie hier.

Schuhwerk langsam umstellen. Beachten Sie dabei die Eigenschaften von funktionellen Schuhen. Mittlerweile gibt viele Hersteller, die relativ gesunde und ansehnliche Schuhe herstellen, bei denen man keinen Augenkrebs mehr bekommt. Relativ gesund deshalb, weil fast alle Hersteller es nicht hinbekommen, eine wirklich breite Zehenbox zu konstruieren, in der die große Zehe wirklich gerade zu liegen kommt. Im Idealfall (wie bei fast allen Neugeborenen oder Naturvölkern) befindet sich die große Zehe in der Flucht des ersten Mittelfußknochens. Das bedeutet, dass gesunde Füße eine V-Form aufweisen. Es ist somit immer ein Kompromiss, aber immer noch wesentlich besser, als steife, unförmige Schuhe zu tragen.

Übertreiben Sie es am Anfang nicht und geben Sie dem Körper Zeit, sich wieder an den natürlichen Geh- und Laufprozess zu gewöhnen. Ganz natürlich wird er, egal mit welchen Schuhen, ohnehin nicht werden können. Aber eine wesentliche Verbesserung kann man erzielen.

Gesünderes Schuhwerk

Sie müssen nicht gleich all-in gehen und sich ein Paar Jika-Tabis besorgen. Ein guter Ausgangspunkt ist die Firma Waldviertler. Integrieren Sie nach und nach Schuhwerk von Herstellern, die sich auf funktionelle Schuhmodelle spezialisiert haben, wie zum Beispiel Vivobarefoot oder Joe Nimble. Es ist anfänglich ein sehr ungewohntes Gefühl, den Untergrund zu spüren und viel Platz im Vorfußbereich zu haben. Aber man gewöhnt sich relativ schnell daran und die neu gewonnene Freiheit ist unvergleichlich. Ich empfinde mittlerweile traditionelle Schuhe als äußerst unangenehm. Vergessen Sie auch nicht, keine engen Socken zu tragen. Diese wären kontraproduktiv. Hier haben sich Zehensocken, wie zum Beispiel von der Firma Injinji, bewährt.

Eine der besten Onlineressourcen zu Barfussschuhen finden Sie hier.

Sie werden sehen: die Kraft und die natürliche Beweglichkeit kehren mit diesen Maßnahmen in ihre Füße zurück. Man fühlt sich kräftiger mit dem Erdboden verbunden und steht, im wahrsten Sinn des Wortes, gesünder im Leben. Versuchen Sie, den einen oder anderen Tipp zu beherzigen und in Ihre tägliche Routine aufzunehmen. Es wird sich lohnen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg. Und vor allem gesunde Füße. 

Beitragsfoto von Michał Parzuchowski auf Unsplash.

Ein Kommentar

katharina 17. Mai 2020 Antworten

Ich freue mich dass über die Füsse gesprochen wird!! Wenn man bedenkt wie lange und wieviel sie uns durch’s Leben tragen , muss man sie einfach gut behandeln. Sie verankern uns , sie leiten uns durchs unwegsame Gelände , in den Sohlen ist unser ganzer Körper abgebildet! Zu lernen wie man richtig steht und geht sollte Teil des Schulunterrichts sein!

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